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Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) August 2024: Überblick und Änderungen

Einleitung

Am 1. August 2024 ist eine Novelle des Berufsbildungsgesetzes in Kraft getreten. Diese Änderungen wurden im Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) gebündelt.

Ziel der Reform ist es, die berufliche Ausbildung moderner und flexibler zu gestalten – etwa durch digitale und mobile Ausbildungsformen – und neue Chancen für Personengruppen ohne Berufsabschluss zu schaffen.

Nachfolgend werden die wichtigsten Neuerungen erläutert, insbesondere in Bezug auf mobile Ausbildung, Anpassungen bei Altersgrenzen sowie weitere relevante Änderungen (z.B. bei Vergütung, Rechten/Pflichten und Fördermaßnahmen).

Abschließend folgt eine kurze Zusammenfassung der zentralen Punkte.


Mobile Ausbildung (digitale & mobile Ausbildungsformen)

Eine wesentliche Neuerung ist die Verankerung der mobilen Ausbildung im BBiG. Erstmals erlaubt § 28 Abs. 2 BBiG ausdrücklich, Ausbildungsteile in angemessenem Umfang digital und ortsunabhängig durchzuführen . Damit reagiert der Gesetzgeber auf Entwicklungen der letzten Jahre (z.B. Erfahrungen in der Corona-Pandemie) und schafft Rechtssicherheit durch verbindliche Mindeststandards für das digitale Ausbilden . Eine vollständig fernunterrichtete Ausbildung ist jedoch ausgeschlossen – mobiles Lernen darf nur ergänzend erfolgen („angemessener Umfang“) .


Bedingungen und Qualitätsanforderungen

Die mobile Ausbildung ist an drei zentrale Bedingungen geknüpft:

  1. Einsatz von Informationstechnik zur Vermittlung der Inhalte (z.B. E-Learning-Plattformen, Videokonferenz)
  2. Eignung der betreffenden Ausbildungsinhalte und der Aufenthaltsorte von Auszubildenden und Ausbildenden (nicht jeder Lerninhalt oder Ort ist für digitales Lernen geeignet)
  3. Gleichwertige Ausbildungsqualität wie im Betrieb. Letzteres bedeutet insbesondere, dass Ausbilder*innen bzw. Ausbildungsbeauftragte zu den üblichen Betriebszeiten jederzeit erreichbar sein müssen, um die Lernprozesse der Auszubildenden zu steuern, den Fortschritt zu überwachen und bei Bedarf einzugreifen . Damit soll sichergestellt sein, dass die fachliche Betreuung und der Lernerfolg im mobilen Setting nicht hinter der Präsenz-Ausbildung zurückbleiben.

Anforderungen an Betriebe und Ausbilder

Betriebe, die mobiles Lernen anbieten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Zum einen sind sie verpflichtet, notwendige digitale Ausstattung bereitzustellen:
    Hardware und Software (z.B. Laptops, Tablets, Lern-Apps) müssen Auszubildenden kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Diese Klarstellung in § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG erweitert das Prinzip der Lehrmittelkostenfreiheit auf digitale Endgeräte und Programme, die für die mobile Ausbildung erforderlich sind.
  • Zum anderen tragen Betriebe die Verantwortung für eine funktionierende technische Infrastruktur – etwa ausreichende Internetverbindung und Zugriffe auf betriebliche Netzwerke oder Lernplattformen.

Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) betont in einer Empfehlung, dass Betriebe dafür sorgen müssen, dass ihr Ausbildungspersonal über die nötigen IT- und Medienkompetenzen verfügt und didaktische Konzepte für die digitalen Phasen entwickelt. Zudem sollten Arbeits- und Datenschutz nicht vernachlässigt werden: Gesetzliche und betriebliche Vorschriften zum Datenschutz und zur Datensicherheit gelten selbstverständlich auch bei mobiler Ausbildung und müssen bekannt sein und eingehalten werden. Betriebe müssen also z.B. darauf achten, dass bei der Nutzung von Videotools oder Online-Plattformen die Vorgaben der DSGVO und IT-Sicherheit beachtet werden.

Hinweis: Das BIBB empfiehlt, mobiles Ausbilden zunächst schrittweise einzuführen und in der Probezeit nach Ausbildungsbeginn möglichst noch darauf zu verzichten, um Auszubildende erst an den Betrieb heranzuführen. Wichtig ist auch die frühzeitige Einbindung des Betriebsrats bzw. der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Planung solcher neuen Ausbildungsformen.


Anpassungen der Altersgrenzen (Validierungsverfahren)

Die Novelle 2024 brachte neue Altersregelungen vor allem im Zusammenhang mit dem Validierungsverfahren (§§ 50a ff. BBiG). Dieses neu geschaffene Feststellungsverfahren richtet sich gezielt an berufserfahrene Personen ohne formalen Berufsabschluss, um deren berufliche Kompetenzen anerkennen zu lassen.


Zugangsvoraussetzung für das Verfahren

Mindestalter von 25 Jahren – damit soll sichergestellt werden, dass genügend Berufserfahrung vorliegt. (Für Menschen mit Behinderungen gilt diese Altersgrenze nicht, um niemanden auszuschließen.) Weitere Anforderungen sind u.a., dass kein Abschluss im entsprechenden Beruf vorliegt und dass die Person mindestens das 1,5-Fache der regulären Ausbildungszeit in dem Beruf praktisch gearbeitet hat.


Ablauf und Ergebnis

Im Validierungsverfahren werden die informell erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse einesr Kandidatin am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufs (Referenzberuf) gemessen. Die zuständige Stelle (z.B. Kammer) prüft mit praktischen, mündlichen und ggf. schriftlichen Aufgaben, inwiefern die berufliche Handlungsfähigkeit der Person den Standards des Ausbildungsberufes entspricht . Auswirkungen / Nutzen der Altersregelung: Personen ab 25, die das Verfahren erfolgreich durchlaufen, erhalten ein öffentlich-rechtliches Zertifikat. Ist die Kompetenz vollständig vergleichbar mit einemr ausgebildeten Facharbeiterin, wird ein Kammerzeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit ausgestellt – damit wird ihnen der Zugang zu höherqualifizierender Weiterbildung (z.B. Meisterkurs/Bachelor Professional) eröffnet.

Auch eine direkte Zulassung zur Externenprüfung nach § 45 BBiG ist dann möglich. Wenn die Fähigkeiten nur überwiegend dem Berufsbild entsprechen, stellt die Kammer eine Teil-Bescheinigung aus, die genau aufführt, was bereits beherrscht wird und welche Kompetenzen noch fehlen. Diese Teil-Bescheinigung kann am Arbeitsmarkt genutzt werden und berechtigt zur Teilnahme an einem Ergänzungsverfahren, um später doch noch die volle Gleichwertigkeit zu erreichen . Für Menschen mit Behinderungen gibt es zudem Sonderregelungen: Auch wenn ihre Fähigkeiten nur teilweise vergleichbar sind, kann dies offiziell bestätigt werden, damit sie bestmöglich vom neuen Verfahren profitieren.

Insgesamt bewirkt diese Altersgrenze, dass insbesondere ältere, berufserfahrene Arbeitnehmer*innen ohne Abschluss neue Aufstiegschancen erhalten. Bundesbildungsminister Cem Özdemir betonte, man wolle „geleistetes Können formal anerkennen – für mehr persönliche Aufstiegschancen und gegen den Fachkräftemangel“, wobei sich das Angebot an Menschen über 25 Jahre richtet, die z.B. eine Ausbildung abgebrochen oder jahrelang ungelernt gearbeitet haben.

Für reguläre duale Ausbildungen gilt weiterhin keine obere Altersgrenze – Ausbildungen stehen grundsätzlich in jedem Alter offen. Die Altersvorgaben betreffen ausschließlich das neue Validierungsverfahren, das bewusst auf Erwachsene mit längerer Berufserfahrung zugeschnitten ist.


Fazit / Zusammenfassung

  • Die BBiG-Novelle vom August 2024 bringt die duale Ausbildung auf einen zeitgemäßen Stand.
  • Mobile Ausbildungsformen sind nun rechtlich abgesichert: Ausbildungsbetriebe können Teile der Lehre online und ortsunabhängig durchführen, müssen dabei aber klare Qualitätskriterien erfüllen (Einsatz digitaler Medien, geeignete Inhalte, kontinuierliche Betreuung).
  • Gleichzeitig werden sie verpflichtet, ihren Azubis die nötige technische Ausstattung zu stellen und den Datenschutz zu wahren
  • Neue Altersregelungen eröffnen erfahrenen Berufstätigen ohne Abschluss ab 25 Jahren eine zweite Chance:
    Über ein Validierungsverfahren können sie ihre erworbenen Kompetenzen prüfen und zertifizieren lassen. Damit entstehen für diese Gruppe neue Karriere- und Fortbildungsperspektiven, was auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken soll.
  • Darüber hinaus wurden zahlreiche Details modernisiert – vom digitalen Ausbildungsvertrag über die Anrechnung von Schulzeiten bis hin zu Teilzeit und Prüfungen. Auszubildende profitieren etwa davon, dass Wegezeiten zur Berufsschule als Arbeitszeit gelten, dass sie am Ende ihrer Ausbildung ein elektronisches Zeugnis erhalten können und dass die Ausbildungsvergütung durch die Mindestvergütungsregelung abgesichert und ab 2024 jährlich angepasst wird.
  • Insgesamt stärkt die Novelle sowohl die Rechte der Auszubildenden als auch die Flexibilität für Betriebe.
    Offizielle Stellen wie das BMBF und BIBB stellen begleitend Informationen und Unterstützung bereit, um die Umsetzung dieser Reform erfolgreich zu gestalten. Die duale Ausbildung in Deutschland wird dadurch ein Stück weit zukunftsfähiger, indem sie digitale Entwicklungen integriert und zugleich mehr Menschen Zugang zu qualifizierenden Abschlüssen ermöglicht.

Quellen:

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) – Hauptausschuss-Empfehlung
  • Industrie- und Handelskammer (IHK) und DGB-Jugend – Informationsportale
  • Gesetzestexte (BBiG)